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Die besten Kochbücher für Alpenküche

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Hafächabis, Chabis und Schaffleisch, Chabishafä
Der Deutsche Kochbuchpreis - GOLD

Ø 8.8

Hafächabis, Chabis und Schaffleisch, Chabishafä

Ein Urschweizer Kulturgut

Autor/-in: Verlag: Édition De Caro

Hafächabis ist ein Schweizer Esskulturgut. Ein einfacher Eintopf, der im Wesentlichen aus Chabis (Weißkohl) und Schaf- oder Schweinefleisch besteht. Doch was macht den Eintopf und seine Bedeutung aus? Und wird er immer gleich gekocht oder gibt es, wie so oft bei traditionellen Gerichten, unterschiedliche Versionen? Elf Menschen aus drei Kantonen und mehreren Generationen verraten in diesem Buch ihr Lieblingsrezept.

Begründung der Jury:

Ein Kochbuchprojekt, das einem einzigen Rezept gewidmet ist, dieses dafür von allen Seiten und in voller Länge und Breite beleuchtet, auf Herz, Nieren, Geschmack, gelebte Tradition und zeitgemäße Adaption, Vorbereitung, Röstgrad, Würzung, Garzeit prüft, ist entweder ein absolut verrücktes Unterfangen. Oder, wie in diesem Fall, schlichtweg genial. Der Reiz des mehr als liebevoll gebundenen und gestalteten Druckwerks liegt daher für mich weniger im Häfachabis selbst – ein deftiges, gehaltvolles Eintopfgericht, das im Wesentlichen aus Weißkohl und Schaf-, manchmal auch Schweinefleisch besteht – denn in der Idee und ihrer Ausgestaltung. Die Autoren ziehen dieses Schweizer Kulturgut auf eine so feinsinnige Weise bis auf die Knochen aus, schleichen sich in 11 verschiedene Küchen und hören und schauen den porträtierten Köch:innen beim Erzählen und Zubereiten zu, dass man selbst als Weißkohlskeptikerin Lust aufs Nachkochen bekommt.
Eine kulturgeschichtliche Entdeckungsreise zu einem identitätsstiftenden Schweizer Eintopfgericht, die auch für Außenstehende eine anheimelnde Wärme entwickelt. Die Nähe zu den Protagonisten wird in Text und Bild mit viel Ruhe eingefangen, so dass am Ende weniger ein Kochbuch als vielmehr eine soziokulturelle Reportage entstanden ist, sehr menschelnd aber auch sehr passend zu dem Gericht, um das sich alles dreht. Natürlich ein Nischenprodukt, aber so eine Konzentration auf ein einzelnes Produkt/Gericht und eine regionale Kultur kommt sehr nah an zeitgeistige Kochbuch-Ideale heran.
Hafäch-what? Auf Hochdeutsch: Lamm-Kartoffel-Weißkohl-Eintopf. Trägt ein einziges Gericht ein ganzes Kochbuch? Absolut. Zwölf Köchinnen und Köche, zwölf Rezepte, darunter nicht nur eine somalische Abwandlung, sondern auch eine Tofuversion mit Garam Masala. Sprachlich ist das weit über Kochbuchniveau („Was an einem anderen Abend auch auf dem Friedhof der Bierideen hätte enden können, wurde zu einem Projekt“) und dass die Schwyzerdütsch-Zitate nicht übersetzt werden (die Produktbezeichnungen schon), hat Charme. Die Food-Fotos sind null gekünstelt, dadurch auch nicht appetitanregend, wobei die Autoren selbst zugeben, dass es sich um kein besonders fotogenes Gericht handelt. Viel besser gefallen mir die Landschaften, Küchenszenen und Fotos von Äpfel schälenden Großmutterhänden. Ein „brutal einfaches Essen“ nennt der deutsche Koch Alex Kühn den Hafächabis. Ein brutal einfaches und zugleich hochspannendes Buch ist das geworden, selbst für Menschen, die wie ich so gar keinen Bock auf Lammeintopf haben.
Ein unkonventionelles Kochbuch an der Grenze zur ethnologischen Studie. Ganz tief in der Nische und gerade deshalb so charmant. Drei Autoren fassen den Plan, einem uralten Schweizer Gericht die Ehre eines eigenen Buchs zu erweisen. Gefühlt ungefiltert und deshalb stellenweise in ungeschönt derben Zitaten erzählen 11 Menschen, was Chabis für sie bedeutet. Es geht tief in die Seele der Protagonisten, oft mehr philosophisch als kulinarisch. Wer sich eine Erweiterung seiner Kochkünste wünscht, wird mit diesem Buch vielleicht enttäuscht, denn es enthält kein einziges niedergeschriebenes Rezept. Wer sich auf die kleinen Geschichten einlässt, wird jedoch mit einer wunderschönen Erkenntnis belohnt: Essen und Kochen prägen Menschen bis ins Mark. Damit gelingt diesem Buch etwas, das vielen anderen seiner Gattung nicht gelingt. Es berührt beim Lesen.
Meine Alpenküche
Der Deutsche Kochbuchpreis - GOLD

Ø 8.8

Meine Alpenküche

Rezepte, Geschichten und Produkte

Autor/-in: Verlag: AT Verlag

Sven Wassmer ist Culinary Director im Grand Resort Bad Ragaz. Sein Restaurant Memories wird seit 2022 mit drei Sternen im Guide Michelin ausgezeichnet. In seinem Kochbuch gibt der Sternekoch einen Einblick in seine „Schweizer alpine Küche“, die sich an den Jahreszeiten und für seine Umgebung typischen Produkten orientiert. Beispiele sind Erbsenflan mit Spargelsauce, Forelle mit Gurke und Sauerampfer, Rib Eye mit „Tasty Paste“, Rosenkohl mit Nusscreme, Knollensellerie mit Pouletjus und Ziegenfrischkäse mit Bergkräuter-Brioche.

Begründung der Jury:

Zugegeben bin ich in dieser Sache leicht befangen, schließlich durfte ich Sven Wassmers geräucherten Saibling mit gebranntem Rahm und Tannenöl vor einiger Zeit kosten, ein Teller, den ich nie vergessen werde. Das aus lediglich einer Handvoll Zutaten und Arbeitsschritten bestehende Rezept steht in diesem rundum gelungenen Buch, angefangen beim textilen Einband und hochwertigen Papier. „Heimat“, „Kreislauf der Natur“, mit solchen Begriffen hantieren viele, dem Schweizer Spitzenkoch nimmt man sie ab. Gekocht wird nach dem Prinzip reduce to the max und dem, was die Alpen hergeben. Arvennadeln dürften schwer zu kriegen sein, abgesehen davon gibt es kaum exotische Zutaten. Sauerteigbrot, Serviettenknödel, Pilztartelette: Viele Rezepte sind erfreulich schlicht und gut zu Hause umsetzbar, es geht aber auch anspruchsvoller in Form eines sechs-Komponenten-Desserts oder Schweizer Shrimps mit hausgemachter X.O. Sauce, schließlich ist hier ein Drei-Sterne-Koch am Werk. Lukas Lienhards Bergfotos würde ich mir direkt an die Wand hängen, auch seine Schwarz-Weiß-Porträts und reduzierten Tellerfotos sind eine Wohltat fürs Auge.
Bereits das wertige und zurückhaltend-abstrakte Cover strahlt die Ruhe und Demut aus, die sich durch das gesamte Buch zieht: Charakterstarke Fotografien werden verbunden von kleinen emotionalen Rückblicken und Einordnungen. Die Texte sind sehr reduziert und beschränken sich auf klare Gedanken und Aussagen, die dem Buch viel Ruhe und Tiefe geben. Die Rezepte spiegeln visuell wie inhaltlich die Philosophie wider, die dem Buch und der Küche von Sven Wassmer zugrunde liegen: Qualität, Reduktion und Natürlichkeit. Und obwohl sie aus einer Drei-Sterne-Küche kommen, sind sie so verfasst, dass sie als Inspiration für ambitionierte Hobbyköche dienen. Kein großes, episches Werk, dafür jedoch rund und durchdacht.
Ästhetisches und streckenweise sehr minimalistisch gestaltetes Kochbuch, das der pointierten und ausgefeilten Küche von Sven Wassmer nicht nur gerecht wird, sondern auch seine Küchenphilosophie sehr gut transportiert. Selbst komplexe Sachverhalte werden in den komprimierten und klaren Rezepttexten gut an die Leser vermittelt. Inspiration und Anleitung halten eine gelungene Balance. Lediglich die Covergestaltung ist nicht sehr einladend geraten.
Rezeptsammlung, Coming of-Age-Geschichte, Fermentationsräuberleiter, Waren-, Wald- und Wiesenkunde – dieses Buch ist all das und noch mehr. Kulinarische Memoiren, in der Mitte des Lebens publiziert, damit man als Leser:in noch in den Genuss des real life-Outputs aka Restaurantbesuch kommen kann. Hohe Berge, große Träume, Sternenhimmel: Da darf es ruhig auch ein luxuriöses Format sein, mehr Bildband als Kochbuch, mit einem ansprechenden Cover in stilvollem Schwarz-Weiß. Auch Satz und Typografie überzeugen mit Grazie und Individualität gemäß der Wassmer’schen Grundphilosophie, derzufolge „weniger immer mehr ist, wenn das Wenige von sehr guter Qualität ist.“ Check! Nachdem man sich durch einige pixelige Schnappschüsse aus der Küche, gefolgt von ebenso wenig zur Gesamtästhetik passenden Landschaftsaufnahmen geblättert hat, landet man schließlich dort, wo das Herz des Buches schlägt: Den Anleitungen zum alpinen Genuss und schließlich – ganz am Ende – beim grandiosen Grundlagenteil.
Zu Gast im EngadinBlick ins Buch
Der Deutsche Kochbuchpreis - SILBER

Ø 8.0

Zu Gast im Engadin

Sehnsuchtsorte, Originalrezepte und Geheimtipps

Autor/-in: Verlag: Callwey

Der großformatige Band stellt mit dem Engadin eine der malerischsten Regionen der Schweiz vor. Reich bebildert zeigt es die besten Restaurants und Hotels des Kantons und blickt in ihre Küchen. Beispiele für die regional geprägten Gerichte sind Birnen-Raviolo, Bouv Assoluto mit Pflaumen und Tschliner Pecorino, Engadiner Hochzeitssuppe, Rehmedaillon mit Rotkabis, Spätzli und Rotweinsauce oder rätoromanisches Weinschaumsüppchen.

Begründung der Jury:

Grandhotel und Berghütte, das Engadin kann beides. Dieses hochwertig gestaltete Buch bietet kulinarische, kulturelle und sportliche Reisetipps sowie Porträts von Gasthäusern und deren Besitzerinnen, die wiederum ihre eigenen regionalen Favoriten teilen und natürlich Rezepte, manche davon zusätzlich auf Rätoromanisch. Beim Berggasthof gibt es Gerstensuppe und das simpelste Kaiserschmarrenrezept der Welt, beim Schlosshotel ein aus zehn Komponenten bestehendes Dessert. Die herzhaften Rezepte sind eher auf der fleischlastigen Seite – Schnepfen lassen sich wohl nicht so leicht auftreiben, Bündnerfleisch müsste gehen –, aber auch Kastanienravioli mit veganem Käse haben ihren Auftritt. Fotograf Mayk Wendt kann Landschaft, Porträts, Interior und Essen gleichermaßen. Die Sprache gleitet manchmal ins Poetische ab, aber wer Berge liebt, kann das verstehen. Inscreschantüm meint eine diffuse Heimatsehnsucht, die sich beim Blättern durch dieses atmosphärische Buch zuverlässig einstellen dürfte.
Wenn eine an permanentem Heimweh (auf rätoromanisch Increschantüm) leidende Engadinerin einen kulinarischen Reiseführer, aufgemacht wie ein Coffee Table Book, schreibt, kann man sich sicher sein, dass darin eine Menge Wehmut, aber auch geteilte Glücksmomente und ein ausgeprägtes Bewusstsein für die guten und schönen Dinge des Lebens enthalten sind. Die Texte von Claudia Knapp sind denn auch mit reichlich Insiderwissen ausgestattet. Eine Bereicherung selbst für versierte Engadinfans und ein Kompass von großem Wert für alle, die diese Region – vom Unterengadin über St. Moritz bis nach Sils – für sich erobern wollen. Zwischen die Anekdoten, Erzählungen und Porträts hat man viele – leider teils arg knapp skizzierte – Rezepte platziert, die die Essenz der Region, aber auch die Ambitionen der Gastronom:innen und Köch:innen zum Ausdruck bringen. Dazu atemberaubend schöne Gaststuben, Landschaften, Bergkulissen, Schneeszenerien, Baumwipfel usw. Bei so Panorama geht einem zwangsläufig das Herz auf und in der Magengrube fängt es an zu ziepen.
Ein kulinarischer Reiseführer im Coffeetable-Format. Texte mit journalistischem Anspruch, hochwertige Food-Fotografie und stilvoll verfasste Portraits Engadiner Köche lassen den Leser eintauchen in die Engadiner Seele, wie sie Autorin Claudia Knapp fühlt. Die Reise durch die Alpenorte um St. Moritz wirkt dabei in Text und Bild so mondän und teils einen Hauch elitär, wie der Ruf, der der Region vorauseilt. Das wirkt einerseits authentisch und gleichzeitig ein klein wenig angestaubt. “Engadin” ist ein Buch für Liebhaber gediegener Kulinarik und traditionell gehaltener Buchgestaltung.
Interessante Stimmen und Adressen im Engadin versammelt dieses Buch in Coffeetable-Anmutung. Aber auch hier fehlt, wie bei „Zu Gast in Südtirol“ ein wenig das verbindende Element in Gestaltung und Leserführung. Verschiedene Textformen wechseln einander ständig ab, Lesestücke, Rezepte, Porträts, Stimmungsbilder. Das hinterlässt nach der Lektüre einen eher diffusen Eindruck, das Ganze wirkt so, als wäre es eher zum kurzen Reinblättern gemacht worden.
Südtiroler GasthausBlick ins Buch
Der Deutsche Kochbuchpreis - BRONZE

Ø 7.5

Südtiroler Gasthaus

Menschen, Rezepte, Geschichten

Autor/-in: Verlag: Folio

Dieses Buch stellt 29 Südtiroler Gasthäuser vor und zeigt, wie dort gekocht wird: Regional, saisonal und zeitgemäß. Die Rezepte verarbeiten regionale und saisonale Produkte und heben sie auf ein zeitgemäßes Niveau. Beispiele sind Bärlauchteigtaschen mit Tomatenbutter, Kastanien-Kartoffel-Gnocchi, Mangold-Teigtaschen mit Nussbutter, Rehrücken mit Schupfnudeln, Apfelstrudel und Holler-Panna-Cotta mit Erdbeeren.

Begründung der Jury:

Das Buch hält, was es verspricht, und stellt Südtiroler Wirtshäuser und ihre Rezepte vor. Dieses Prinzip ist für die Region nun schon mehrfach in Buchform verfolgt worden und geht meist nicht wirklich gut auf. Hier immerhin, durch die getrennten Porträts der Häuser und Rezepte, ist eine gewisse Übersichtlichkeit entstanden die einerseits die Küchenpraxis, andererseits die Nutzung als Orts- und Urlaubsführer möglich macht. Außerdem wirkt das kleine Buch sympathisch und authentisch und entspricht damit seinem Sujet.
Ein schnörkelloses Kochbuch mit einfachem Konzept: Südtiroler Gasthäuser werden kurz vorgestellt und die Köche präsentieren anschließend einige typische Gerichte aus den jeweiligen Küchen. Texte, Rezepte und Fotos bewegen sich auf einem durchweg soliden Niveau, wobei der letzte Touch Persönlichkeit fehlt, der in anderen Büchern dieser Kategorie stärker durchscheint. Dennoch: Ein Buch, das hält, was es verspricht und gute Restaurant- Inspiration für Liebhaber rustikaler Südtiroler Küche liefert.
Viele Köche verderben den Brei, viele clevere Köche schließen sich zusammen, damit genau das nicht passieren kann. Gemeinsam arbeitet man dann am Erhalt der authentischen, klassischen oder zeitgemäß interpretierten Regionalküche. Die Gruppe „Südtiroler Gasthaus“ gibt es seit über einer Dekade. Nun haben die Wirt:innen einen Band mit ortstypischen Rezepten herausgebracht, ergänzt durch fundiert geschriebene, stimmungsvolle Porträts, persönliche Anekdoten und historische Exkurse. Der jungen Autorin gelingt das Kunststück, 29 Gastbetriebe nicht nur „auf Spur“ zu bringen, sondern auch so zu charakterisieren, dass es einem nach Nummer 12 nicht schon langweilig wird. Lieblingsrezepte gibt es reichlich: Bergartischocke mit Saibling, Tisner Kürbis-Kastanien-Tirtln, Birnmehl-Tortelloni und viele mehr.
Südtirol ist mit herrlichen Gasthäusern gesegnet, eine Tatsache, die dieses Buch leider nicht transportiert. Die Einführung wirkt so werblich, wie das bei einem Hoteliers- und Gastwirteverband-Sponsoring zu erwarten ist. In den 29 Gasthäuserporträts herrscht häufig Floskelalarm, „gelebte Gastfreundschaft in authentischem Ambiente“, „quirliger Szenetreff“, „Dorfgasthaus voller Frauenpower & Kunstsinn“. Noch missglückter sind die Fotos, unvorteilhafte Porträts und ungepflegte Fingernägel in Großaufnahme. Im Gegensatz dazu ist der nach Menüfolge und Jahreszeit geordnete Rezeptteil halbwegs gelungen, mit Weinempfehlungen und Bezugsquellen. Die Food-Fotos sind okay, wenn auch aus der immergleichen Perspektive aufgenommen. In Sachen Hauptspeise gehen Vegetarierinnen komplett leer aus, freuen sich aber über die zahlreichen Nudelrezepte, die seltsamerweise als Vorspeisen laufen, und eine große Auswahl sättigender Desserts.
Zu Gast in Südtirol

Ø 7.4

Zu Gast in Südtirol

Sehnsuchtsorte, Originalrezepte und Geheimtipps

Autor/-in: Verlag: Callwey

Dieses opulente Buch würdigt Südtirol, seine Menschen und kulinarischen Schätze. Unterteilt in die vier Regionen um Meran, Bozen, Brixen und Bruneck stellt es Restaurants, Hotels, ihre Geschichte, Gastgeber und Speisen vor. Auf je einer Doppelseite wird zunächst das Restaurant vorgestellt, im Anschluss jeweils ein bis drei typische Rezepte von dort. Mit dabei sind Schlutzkrapfen mit brauner Butter, Dinkel-Orzotto mit geschmortem Villnösser Lamm, Bergkäse und Eigelb Marillendatschi mit frischer Sahne.

Begründung der Jury:

Man nehme einen halben verregneten Sonntag, eine große Portion Bergvermissung und einen gehäuften Löffel Schlutzkrapfenliebe, dazu dieses Buch – fertig ist der perfekte Nachmittag. Natürlich reicht ein einzelner nicht, um sich durch dieses großzügig gestaltete, großformatverliebte Werk zu schmökern, aber es ist ein Anfang. Überhaupt ist Südtirol ja auch keine schnelle Nummer, sondern wie die Autorin – eine heimgekehrte Südtirolerin – und der Fotograf – ihr dänischer Mann – bekennen, die Liebe fürs Leben. Wie in einer langjährigen Verbindung glaubt man den anderen in- und auswendig zu kennen und doch gibt es immer wieder kleine Überraschungen, hier in Form von Geheimtipps, die Martina Hunglinger den porträtierten Gastronom:innen und Köch:innen abgeluchst hat. Von ihnen kommen auch die tollen Rezepte – mal alpin, mal mediterran, mal einfach-traditionell oder aber international inspirierte Fine Dining-Kreationen.
Dieses Buch weckt Südtirol-Sehnsucht - gleich auf drei Ebenen: in stimmungsvollen Fotografien, lokaltypischen Rezepten und persönlichen Geschichten von Menschen und Orten, die für Südtiroler Genuss stehen. Besonders charmant: Die kleinen Geheimtipps der Einheimischen zu Orten, Wanderungen und Spezialitäten, die man als Tourist womöglich übersehen würde. Ein perfektes Buch, um sich auf eine kleine Reise einzustimmen und direkt die nötigen Restaurant-Reservierungen vorzunehmen.
Wir wollen keine Südtiroler Äpfel mit Engadiner Birnen vergleichen, und doch bietet sich das im Fall der beiden in Format, Aufmachung und Inhalt ähnlich gestalteten Callwey-Bände an. Auch hier stehen Reisetipps neben Einheimischenporträts, darunter einige bekannte Namen wie Ottmangut, Restaurant 1908 und 1477 Reichhalter. Vom Niederkofler-Ableger „AlpiNN“ kommt das gar nicht komplizierte Signature Dish Heu-Zwiebel mit Schwarzenstein-Käse, auch Brennnessel-Kräuter-Omelett, Arme-Leute-Pfannen-Pasta und Franz Mulsers Marillenschmarren sprechen mich an, die Zutaten dürften bis auf wenige Ausnahmen (Waldstaudenroggen) gut erhältlich sein. Verglichen mit dem Engadin-Werk sind die Fotos hier nicht ganz so stimmig, wirkt die Typografie teilweise etwas grob. Zudem stören mich die vielen Ausrufezeichen und der Hang zum Floskelhaften („nach einem wohltuenden Schlaf wartet ein besonderes Frühstück“).
Layout und Satz dieses Kompendiums wirken eher lieblos und nicht ganz passend zur angelegten Größe des Buches, das außen ja wie ein opulentes Coffeetable-Book anmutet. Die Auswahl der Rezepte erscheint eher willkürlich, unentschieden in der Botschaft, auch bleibt unklar, wie und warum diese Adressen kuratiert wurden. Uneinheitliches Lesegefühl.
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