Besondere Ehrung für das Lebenswerk – 2022

Guten Abend!

Es ist mir Freude und Ehre, heute die erstmals für das Lebenswerk vergebenen Auszeichnung des deutschen Kochbuchpreises als Laudator überreichen zu dürfen.

Wir Köch*innen und Kochbuchschaffenden, wir kochen. Und machen uns dabei selten bewusst, was für ein Wunderwerk an Transformation wir da schaffen, wenn wir Aggregatzustände überführen und ändern, mit Materie und Molekülen jonglieren, neue Aromen und Texturen schaffen.

Kochen ist Physik, Chemie und Glücksache, pflegte mein Lehrherr zu sagen. Ich bin unter anderem auch deshalb Koch geworden, weil ich in der Schule in den Fächern Chemie und Physik immer sehr schlecht war. Ich habe mich darum auch während meiner Laufbahn überwiegend auf mein Glück verlassen - und die Kulturtechnik des Kochens als das begriffen, was sie auch ist: ein wunderbarer, großer Zaubertrick!

Das erklärbar mehr dahinter steckt, habe ich der Begegnung mit jenem Mann zu verdanken, der mein Interesse für die ungeheuerlichen Vorgänge neu entfachte. Bei einem kulinarischen Think Tank in Berlin lernte ich unseren heutigen Ehrenpreisträger erstmals kennen und das Wunder geschah: Der Professor vom Max-Planck-Institut für Polymerforschung sprach zur statischen Physik der weichen Materie in der Lebensmittelwissenschaft und - ich begriff jedes Wort!

Sie ahnen wahrscheinlich was und haben ihn vielleicht heute schon im Getümmel des Deutschen Kochbuchpreises entdeckt, die Rede ist von Professor Dr. Thomas A. Vilgis!

Lieber Thomas, Du hast ja nicht nur mich neu für die Wissenschaft im Kochen begeistert, Du bist als Mann der kulinarischen Kultur und Wissenschaft ein Wanderer und Mittler zwischen den untrennbaren Disziplinen – und es ist Dein Verdienst, dass Du eine Sprache dafür gefunden hast, die auch wir verstehen.

Wir werden klüger durch deine populärwissenschaftlichen Veröffentlichungen, Vorträge und Bücher – und Du gehörst zu den fleißigsten Kochbuchautoren Deutschlands, mit erhellenden Bänden wie Deine Bücher Aroma über die Kunst des Würzens oder perfektion pasta, über die Wissenschaft des guten Kochens.

Mehr als 20 populärwissenschaftliche Bücher hast Du in den vergangenen Jahren veröffentlicht, Du hast uns umami erklärt und Fermentation gelehrt, uns weitergebracht mit launigen, immer fundiert-tiefgründigen Titeln wie Kochen für Angeber, hast als Gastronaut die Erkundungen eines kochenden Physikers mit uns geteilt.

Immer wirkst Du auch gesellschaftlich, etwa mit Deinem Buch Einfach essen – gegen den Ernährungswahn in unseren Köpfen. Aus der sogenannten molekularen Küche heraus entwickeltest Du gemeinsam mit einem interdisziplinären Autoren-Team völlig neue Aspekte und Einsatzmöglichkeiten der innovativen Kochtechniken, Lösungen für Pflegebedürftige und Demenzkranke. Eine segensreiche Weiterentwicklung der Koch- und Genusskultur.

Nicht zuletzt begleitest Du als Mitherausgeber des Magazins Journal Culinaire aus der Edition Wurzer und Vilgis die Entwicklungen in der Kulinarik. Hochkarätige Fachautor*innen vermitteln neuste Forschungsergebnisse auf dem aktuellen Wissensstand.

Was ich nicht verschweigen möchte und bei persönlichen Treffen immer wieder wahrgenommen habe: Thomas Vilgis ist -zu alledem- ein Mann von allergrößter Bescheidenheit, der selbst keinerlei Aufheben um seine Person macht, Lobeshymnen und Danksagungen immer freundlich-bestimmt abwiegelt.

Heute Abend musst Du da durch, lieber Thomas, mit der Auszeichnung in der Kategorie Lebenswerk des Deutschen Kochbuchpreises 2022 - der in deinem Fall natürlich auch Vorschusslorbeeren beinhaltet, – ehren wir einen stillen Star, dessen Stimme gehört wird und wirkt.

Herzlichen Glückwunsch: Professor Dr. Thomas Vilgis!